Trauminsel im indischen Ozean – Fragezeichen
Eine Geschäftsreise.

Der indische Ozean.
Türkis-grünes, Badewannen-warmes Wasser, weiße feine Sandstrände, Palmen, die sich leicht im Wind wiegen, und tropische Temperaturen. Üppig bunte Flora und Fauna, fröhlich zwitschernde Vögel und sogar die Fische sind farbenfroh und bunt. Auf den ersten Blick ist Sansibar ein wahrer Augenschmaus, besonders für die Winter-geplagten Europäer.

Gelegen am Äquator, herrschen auf Sansibar ganzjährig tropische Temperaturen mit hoher Luftfeuchtigkeit. Lediglich die Monate April bis Juni sollte man meiden, dann ist Regenzeit.

Bekannt ist Sansibar heutzutage als „Gewürzinsel“.

Geht man jedoch in der Vergangenheit zurück, blickt man auf den wenig ruhmreichen Sklavenhandel. Immerhin war dieser vom 17. bis zum 19. Jahrhundert ein riesiges Geschäft, und Sansibar war das Zentrum eben dessen von Ostafrika bis nach Arabien und Indien. Andere Jahrhunderte – andere Bedingungen. Ein Museum in Stonetown erinnert an diese gruseligen Zeiten.

Angenehmer ist die Erinnerung an Freddy Mercury, der auf Sansibar geboren wurde. Auch hier gibt es ein Museum in der Hauptstadt Stonetown, das dem 1994 verstorbenen Queen Sänger die gebührende Ehre erweist.

Historiker kennen wahrscheinlich den „Sansibar – Helgoland Vertrag“ von 1890, als Briten und Deutsche Ostafrika untereinander ver- bzw. neu aufteilten. Man stelle sich das heute mal vor….

Aber kommen wir ins hier und jetzt.
Sansibar 2022.
Touristen Magnet.
Bekannt für Wassersport aller Art.
Und natürlich Hochzeitsreisen.
Sansibar stand seit bestimmt 15 Jahren auf meiner Reise Wunschliste, und im Oktober war es soweit.

25. Oktober 22
Mein erster Flug seit drei Jahren – was hat sich an Bord verändert?
Beim Start der Maschine fange ich beinahe an zu heulen – vor Freude.
Endlich sind wir wieder unterwegs, endlich geht wieder was.
Wohin geht’s?
Ich bin auf dem Weg nach Sansibar. Tansania. Afrika.

Turkish Airlines steht mit einer neuen Maschine in Málaga, und was mir auffällt: die seit Jahrzehnten dauerhaft durchgestrichenen Zigaretten-Zeichen über den Sitzen – gleich neben den Anschnall-Zeichen – wurden endlich ersetzt. Es herrscht immerhin seit 20 Jahren Rauchverbot auf Flügen. Ersetz wurden die Zigaretten-Zeichen mit Computer / Handy-Ausschalt-Symbolen.

Aber was mache ich auf Sansibar, um Himmels Willen?
Recherche.
Wir haben ein Job Angebot, ein Hotel auf der Insel auf Vordermann zu bringen. René im operativen Bereich, ich im Marketing. Also fliege ich runter, um mir die Sache vor Ort anzusehen, und um Gespräche zu führen.

Mambo Sansibar

Nach einem Zwischenstopp auf dem Kilimandscharo International Airport, landet Turkish Airlines morgens um 4.30 Uhr auf Sansibar. Visa und Gesundheitszeugnis, alles vorab online ausgefüllt für 50 US-Dollar, dann kommt auch schon der Stempel in den Reisepass. Koffer, und raus in die tropische Schwüle des frühen Morgens, wo der Chauffeur wartet.

Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel dauert eine geschlagene Stunde.
Bereits um 5.30 Uhr steppt der Bar auf den Straßen. Die Sonne geht auf, und die Einwohner Sansibars sind auf. Chaos auf den Straßen. Mit für mich unglaublich schneller Geschwindigkeit, jedoch sehr souverän, braust der Fahrer durch den frühmorgendlichen Verkehr bestehend aus Autos (meist Mini-Vans), DallaDallas (ähnlich TukTuk, nur mit mehr Sitzplätzen), Fahrrädern, Mopeds, Fußgängern. Abstand zum Vordermann halten = unbekannt. Nach 5 Minuten versuche ich mich auf der Rückbank anzuschnallen, geht aber nicht, der Gurt klickt nicht ein. Also dann halt ohne Gurt – Allah wird es schon richten auf dieser muslimischen Insel.

Für mich befremdlich: die islamische Kleidung der Frauen, inklusive Kopfbedeckungen. Das sind keine Kopftücher, das sind große Laken, die bis über die Schultern gehen. Ganz in schwarz sehen diese Frauen Gruppen beinahe unheimlich aus, wie eine riesige Schar von Pinguinen. Auch die Schulmädchen tragen diese Kopftücher (Tücher! Im wahrsten Sinne des Wortes – beinahe Tischdecken), allerdings in der Farbe beige-Creme. Das macht es nicht ganz so düster.

Ich beobachte das Leben am Straßenrand. Chaotisch. Aber auch ungepflegt. Muslimisches Land, welch Unterschied zu den ordentlichen und sauberen buddhistischen Ländern. Bisschen mehr Ordnung würde mir gefallen. Ich beobachte Holzhäuser und Wellblechdächer. Bei den vielen Steinhäusern hat man oft einfach Stein auf Stein geklatscht, verputzen ist wohl unnötig. Alles durcheinander, zwischendurch bahnen sich Bäume, Sträucher und Wildwuchs ihren Weg. Müll am Straßenrand. Je weiter wir Richtung Norden fahren, desto besser wird es jedoch. Nicht ordentlicher, aber ruhiger.

Eine Stunde geht die Fahrt Richtung Norden, nach Nungwi. Die letzten 10 Minuten sind nicht asphaltiert. Sandpiste. Schlaglöcher. Buckel. Alles dabei. Ordentlich durchgeschüttelt bin ich um 7 Uhr im Hotel, nach doch 20 Stunden Reise von Tür zu Tür. Jetzt erstmal eine Runde schlafen. Morgen beginnt meine Recherche.

Stonetown
Die alte Steinstadt.

Und der alte Teil innerhalb der Hauptstadt von Sansibar. Erbaut von Arabern, Indern und Europäern. Natürlich abwechselnd, und nicht ohne sich die Köpfe einzuschlagen.

Stonetown. Die Hauptstadt hat ihren Namen durchaus zurecht.
Verwinkelte Gassen, in denen man sich als Tourist nur schwer zurechtfindet.
Nur wenige Häuser sind in Schuss gehalten. Viel Schimmel durch die tropischen Temperaturen, und abgeblätterte Farbe zieren die Wände. Mitten in der Stadt thront die alte Festung, die heutzutage als Theater, Markt und Kunstatelier dient.

Apropos Kunst: Galerien stellen unzählige farbenfrohe, hübsche, teils abstrakte afrikanische Motive von talentierten Künstlern aus. Die Shops verkaufen bunte Tücher, Kleidung und allerlei Souvenirs. Auf dem Markt locken Obst und Gewürzstände, Sansibar ist ja schließlich als Gewürzinsel bekannt.

Gewürz = Geruch. Guter Geruch? Nein. Der Rundgang durch Stonetown ist ein Anschlag auf die Nase. Wohlduftende Ecken (wenige) wechseln ab mit stinkenden Kloaken, und dem tropisch-feuchten Schimmelgeruch. Um die nächste Ecke kommt die Gewürzinsel durch, gefolgt von verfaultem Obst (bitte lass es Obst gewesen sein).

Der Rundgang ist durchaus ein Erlebnis. Der große Food Market ist spannend, und das Museum der Sklaverei mit dem berühmten Monument. Weitere Infos gibt wie immer Wikipedia

Gut zu wissen: Woher kommt der Name Tansania?

Am 26. April 1964 schlossen sich Tanganjika und Sansibar zunächst unter dem Namen „Vereinigte Republik von Tanganjika und Sansibar“ zusammen, am 1. November 1964 wurde die Republik in „Vereinigte Republik Tansania“ umbenannt. Der Name setzt sich aus den beiden Ländernamen zusammen! Aha!

Nungwi
Nungwi zieht sich um die Nordspitze von Zanzibar herum. Die östliche Seite ist ruhig, chilling und entspannt. Ebbe und Flut bestimmen die Strand-Spaziergänge, und ohne Schwimmschuhe sollte man aufgrund der Seeigel und Felsen auch nicht ins Wasser gehen. Hat man diese Hürden jedoch bei Ebbe umschifft, watet man im Badewannen-warmen Wasser des türkis grünen indischen Ozeans bis hin zur Sandbank. Dort angekommen- watend und schwimmend, oder eher paddelnd – legt man sich einfach auf die Sandbank, und lässt sich umspülen. Geht es noch entspannter? Wohl kaum.
Ganz anders gestaltet sich die westliche Seite von Nungwi. Ohne viel Ebbe und Flut, ohne Seeigel, aber dafür mit Tourismus. Strand-Bars, Restaurants, Souvenirs-Staende. Die Sonnenliegen sind gut besucht, Strandverkäufer bieten Eis, Wasser und allerlei Nützliches und Unnützes an. Ja, hier hat der Tourismus Einzug gehalten. Sowohl PADI Tauch-Schulen, als auch Hilton hat als erste große Hotelkette das Potenzial erkannt. Hinter der Beachfront jedoch sieht es ganz anders aus. Staubstrasse. Müll. Unfertige Steinhäuser. Ziemlich chaotisch und Slum-anmutend.
Ich denke das wird sich ändern. In circa zehn Jahren dürfte es hier mit der Ursprünglichkeit und Beschaulichkeit vorbei sein, solange jedoch ist Nungwi durchaus eine Reise wert.
Insgesamt bin ich drei Wochen auf Sansibar, und erkunde die Insel, und das Hotel.

Gewürzfarm – ja ok, ganz interessant
Delphinschwimmen und Schnorcheln bei Mnemba Island – sehr touristisch
Riesen-Schildkröten angucken auf Prison Island – die älteste Schildkröte ist 200 Jahre alt
Strand-Spaziergang nach Nungwi – bei den Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit extrem anstrengend
Sunset Cruise mit Bongo Trommeln –
Ausflug nach Dar es Salaam – Tageausflug reicht

Mein Highlight? Tinga Tinaga
Mir geht das Herz auf. Ich bin im Epi-Zentrum ost-afrikanischer Malerei. Bunt. Wild. Verrückt. Und soooo kreativ. Ein Wahnsinn. Von Riesen-groß bis hin zu kleinen Gemälden wird hier den ganzen Tag gemalt. Bestimmt 30 Künstler sind mit Herz, Talent und Pinsel bei der Sache. Wer müde wird, macht zwischendurch ein Nickerchen, ist ja auch sehr warm.
Für mich, die die letzten Jahre auch viel gemalt hat, ist Tinga Tinga das Paradies.
Die Kunstwerke werden nicht nur an Touristen, sondern im ganzen Land Tansania verkauft an Märkte, Hotels und allerlei reseller. Tinga Tinga ist quasi die Produktionsstätte Ost-afrikanische Kunst. Toll. Einfach toll.
Und das Hotel? Hier kommt der Hotel Inspektor!

Es dauert nicht lange, bis ich sehe wo es schief läuft. Mangelndes Training. Keine Struktur. Die sehr motivierten Mitarbeiter laufen wie kopflose Hühner durch die Gegend. Ein seitenlanges Restaurant-Menu, bei dem die Hälfte der Gerichte und Getränke meistens nicht vorhanden ist. Pro-aktives Kundenmanagement – nicht vorhanden.

Nach 15 Jahren im Restaurant Business in England weiß ich natürlich, dass man diese Defizite den Mitarbeitern nicht ankreiden kann. Sie wurden einfach nicht trainiert. Entsprechend wissen sie nicht, was zu tun ist.

Hier kommt Rene ins Spiel: Den Aufbau einer Struktur. Das Training des Managements und der Mitarbeiter. Aber auch: Aufbau eines Food & Berverage Systems, Inventuren, Kalkulationen der Küche, Überarbeitung des Menüs und und und. All das, was Rene im Bavarian Beerhouse gemacht hat.

Auch in meinem Marketing Bereich kann ich bei Null anfangen. Das mag ich ja, das komplette Marketing neu aufzusetzen. Inklusive Brand Building, Webseite, Corporate Wording, Kooperationen, Partnerschaften, Photos und und und. All das, was ich im Bavarian Beerhouse gemacht habe.

Mein Fazit

Sansibar ist als Urlaubsinsel toll. Der indische Ozean mit all seiner Farbenpracht ist unschlagbar. Jedoch ist die Insel noch völlig unterentwickelt. Ich hatte den Standard einer Karibikinsel im Kopf, bevor ich dort war. Davon ist Sansibar jedoch meilenweit entfernt.

Am schlimmsten empfand ich die Müllberge an den Straßenrändern. Jeglicher Müll, einfach wird einfach auf die Straße gekippt. Zwischendurch zu Müllbergen aufgetürmt, die alle paar Tage abgefackelt werden. Es gibt wohl eine Müllverbrennungsanlage, wurde mir gesagt, diese sei jedoch zu klein.

Jedoch: die Menschen sind unglaublich freundlich. Und seeeehhhrrr entspannt. ‚Pole Pole‘ hört man immer und überall. Langsam. Langsam. Ganz entspannt. Für Urlauber perfekt. Zum Arbeiten – nach westlichen Standards – eine Herausforderung. Grundsätzlich gibt es in Tansania, wahrscheinlich in gesamt (Ost-)Afrika, sehr viele Herausforderungen. Es fehlt an allen Ecken und Enden an Erfahrungen, Bildung und Strukturen. Man kann hier sicherlich viel bewegen. Zum Beispiel gibt es in ganz Tansania 22 Nationalparks, fast alle Touristen reisen jedoch nach Serengeti. Warum nicht einen Reiseveranstalter gründen, der die südlichen Nationalparks anbietet? Oder eine Hotel- Restaurantfachschule. Viele Ausländer ziehen nach Sansibar und eröffnen Pensionen und Hotels. Ein Stück Land (sogenannte Plots) ist recht günstig zu kaufen, und darauf eine Anlage mit Hilfe einheimischer Arbeiter zu errichten, kostet auch nicht viel. Wer also einen Hang zu ‚Entwicklungshilfe‘ hat, für den ist Sansibar durchaus eine Option.

Für mich war Sansibar eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Nochmal muss ich es allerdings nicht haben.

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Sabine von Reth
Rene von Reth

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