Swinemünde auf Usedom hat uns gut gefallen.Und nun Kolberg?

Fastfood Wonderland

Voller Vorfreude fahren wir 120 Kilometer weiter nach Osten, mit dem Ziel Kolberg. Ich mache es kurz. Wir sind entsetzt. Ein 3 Sterne Mittelklasse Frittenbuden-verseuchter bums-voller Ort. Ok, das bums-voll nehme ich zurück, es ist ja schließlich Mitte Juli und damit Hochsaison. Aber das Frittenbuden-verseuchte ist unfassbar! Entlang einer sehr schönen Baum-gesäumten 4 Kilometer langen Fußgänger-Allee reiht sich Pizza an Burger, frittiert an fettig, Eiscreme and Schokokuss. Kebap-hausen! Ich habe mich nie (!) soviel Waffel-Buden gesehen, sind die Polen so Waffel-verrückt? Wer um Himmels Willen kann diesen ganzen Schrott essen? Kolberg ist wie ‚Fastfood wonderland‘. Wir laufen die gesamten 4 Kilometer (15.000 Schritte) in der Hoffnung etwas wohlschmeckendes und gesundes zu finden. Diese schöne Allee schreit nach einem Biergarten. Nix da. Nada. Nur Waffeln und Fu**Food.

Omi und Opi beim Tanztee

Jedoch: die Massen von Menschen haben Spaß. In den Musik-Cafés spielen Einmann-Unterhalter flotte Schlager Musik und die Omis wiegen sich im Takt vor der Bühne. Der Ü60 Tanztee ist in vollem Gang. Scharen von Kindern gruppieren sich um Kaugummi-Automaten (das gibt es noch?), während Mami und Papi rauchen, telefonieren oder Eis essen – oder alles zusammen.

„Das El Arenal / Magaluf von Polen!

Der schlimmste Ort, an dem wir jeh waren“, René fasst es zusammen.

Mein lieber Herr Gesangsvereine. Das ist so dermaßen nicht unser Programm. Egal wohin, nur weg hier. Eine Nacht auf dem Campingplatz Baltic – der tatsächlich sehr schön ist, abgesehen vom Blick auf die kommunistischen Plattenbauten und das tut-tut der Eisenbahn – und dann mit fliegenden Fahnen und quietschenden Reifen raus hier. Nächster Stopp keine Ahnung. Egal.

Am nächsten morgen verlassen wir direkt nach dem Frühstück den Campingplatz. Frühstück! Wen wundert es, das die Brötchen des Minimarktes gummiartig und geschmacksneutral waren? Und um noch einen draufzusetzen: das Klopapier war graues, einlagiges Altpapier. Wie früher im Ostblock! Ich fasse es nicht, das ich mich gerade über Klopapier auslasse, es fließt mir aber gerade aus den Fingern.

So nun aber genug gestänkert. Beim verlassen des Ortes filme ich Charme und Anmut von Kolberg.

Da uns unser nächstes Ziel erstmal egal ist, fahren wir einfach 95 Kilometer weiter in einen kleinen Ort namens Darlowo. Aus der gestrigen Erfahrung gelernt, fahren wir erst einmal durch den Ort, bevor wir uns niederlassen. Ha! Siehe da! Darlowo ist zwar klein, aber genauso Fritten-verseucht wie Kolberg. Ciao ciao. Adios Amigos. Weil wir keine Energie zum Weiterfahren haben, entscheiden wir uns für eine privaten Campingplatz 5 Kilometer im Landesinneren. Der Ort hat noch nicht mal einen Namen, besticht allerdings durch auffällig viele Neubauten, mit Spielplätzen im Garten. Wir tippen auf „Wir wandeln Ackerland in Wohnraum um“. Oder „Aufrüstung und Bevölkerung der Landflächen mit jungen Familien“.

Erholung bei Polnischer Geschichte

Nach all dem Stress brauchen wir erstmal Ruhe, und nutzen die Zeit um in die polnische Geschichte, Wirtschaft und Politik einzutauchen. Also: Polen. Knapp 40 Mio. Einwohner. Gehört zur EU, hat aber nicht den Euro, sondern Zloti. Der 2. Weltkrieg beginnt mit Hitlers Einmarsch nach Polen am 1. September 1939. Einmal besetzt, baut Hitler mit der ‚Wolfsschanze‘ einen Führungsbunker in West Preußen, von dem aus der Russland Feldzug geplant wird. Diese Wolfsschanze werden wir in einigen Tagen besuchen.

Alles zu Polen gibt es hier auf Wikipedia

Ihr kennt die Redewendung „Polen ist offen!“? Aber woher kommt sie? Danke Dr. Google, du weißt einfach alles: Die Redewendung geht auf die Teilungen Polens zurück, als die Nachbarstaaten RusslandPreußen  und Österreich den polnisch-litauischen Unionsstaat zwischen 1772 und 1795 untereinander aufteilten. Der polnische Staat verschwand daraufhin für 123 Jahre von der politischen Karte Europas und war somit „offen“ für Eingriffe von außen. Daher rührt die Verwendung des Sprichworts im Sinne von „wenn das so ist, dann kann wirklich alles Mögliche passieren“ bzw. „wenn das wirklich so ist, dann knallt’s“.

Die Polnische Prärie

Heute Morgen hatten wir einen tollen Stellplatz, aber es war so windig und mit 15 Grad ‘angenehm’ kühl das wir drinnen frühstücken mussten. Es hätte uns den Speck und die Eier draußen vom Grill geweht. Wir beschließen aufzugeben, und streichen Leba mit der Wanderdüne sowie die ganze Ostseeküste von unserer Route. Wir haben uns wirklich Mühe gegeben, mit der polnischen Ostsee-Küste Freunde zu werden. Aber der Funke wollte einfach nicht überspringen.

Es geht direkt nach Danzig.

Direkt. Haha.

Es sind ‘nur’ 180 Kilometer, aber Google Maps sagt schon 3 Stunden Fahrzeit voraus. Das stimmt, es werden eher noch mehr. Die Straßen gleichen einem Flickenteppich, das ist schlimmer als in Afrika. Winzige Stücke sind gut ausgebaut, und haben Fahrbahn-Markierungen. Der Rest ist wilder Westen mit Straßengräben. Das macht das Wohnmobil fahren extrem anstrengend, abends ist René ko. Wir beobachten mehr Solarzellen als in Spanien, und Neubauten ohne Ende. Wer wohnt in der Prärie? Bauern? Oder digitale Nomaden? Wir gurken durch unzählige kleine Dörfer, mit circa 20 Gebäuden. Die Postkästen sind aufgereiht an der Hauptstraße, die Gebäude sind von Neubau bis völlig verrottet. Einzig die Friedhöfe sind bunt und schön anzusehen, es stehen immer frische Blumen auf allen Gräben- ist wohl eine sehr gläubige Gegend. Von der polnischen Sprache verstehen wir gar nichts, auch kann man nichts ableiten. Ist halt eine slawische Sprache, meine romanische.

Jetzt also Danzig, dann Hitlers Wolfsschanze und die Seenlandschaft in Masuren.

Irgendwie ist gerade die Luft raus. Nach 3600 Kilometern in 17 Tagen sind wir k.o. Das Wetter ist blöd und wir brauchen mal ein bisschen Erholung. Werden wir noch Freunde mit Polen? Erholen wir uns? Das lest ihr im nächsten Blog in einigen Tagen. Gute Nacht.

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Sabine von Reth
Rene von Reth

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