Ab auf die Inseln
Vom Festland Estlands in Virtsu geht es in 27 Minuten mit der Fähre auf die Estnischen Inseln Saaremaa und Muhu (besonders der Name Muhu hat’s mir angetan, ist das nicht lustig!?). Saaremaa ist die größte Insel Estlands und die viert größte Ostsee Insel. Das Fährticket einfache Fahrt kostet 20.60 Euro mit Wohnmobil und 2 Erwachsenen. Die Fährverbindung geht 1-2 x pro Stunde, das ist quasi eine Rennstrecke.
Unser erster Stop ist ein Campingplatz mit Waschmaschine. Ja, das ist mal wieder nötig. Die kurze Fahrt vom Fähr-Anleger dorthin offenbart schon die Schönheit der Inseln: Muhu – die kleine, und Saaremaa, die Große, die ist immerhin 120 Kilometer lang. Und während die Wäsche fröhlich im Wind flattert und trocknet, sehen wir plötzlich:
Wir räuchern!
Der Besitzer des Campingplatzes räuchert Barsche! Das ist für uns Stadtpflanzen natürlich spannend. Wer weiß wie räuchern geht?
Also, die Ofen Temperatur ist 80 Grad. Wie diese 80 Grad erreicht werden, ist egal. “Du kannst auch alte Stiefel verbrennen”, sagt der Chef. Die Hitze wird ganz unten im Ofen erzeugt. Auf der Ebene darüber, dort entsteht der unterschiedliche Geschmack, dieser wird durch unterschiedliches Holz erzeugt. In unserem Fall hier: Apfelbaum Holz, und Wacholder. Die letzten 10 Minuten kommen Brennnesseln hinzu, diese geben zwar keinen Geschmack ab, aber eine wunderbare Farbe. Die ganze Prozedur dauert zwei Stunden. Unser Abendessen ist gesichert, wir genießen frisch geräucherten Barsch, der eben noch fröhlich im Meer schwamm. Zwei Fische für 6 Euro. Guten Appetit!
Kuressaare, die Hauptstadt
Nach getaner Wäscherei geht es am nächsten Tag weiter, bei Sonnenschein (Hurra!) und 25 Grad (Hurra hurra). René spielt eine Runde Golf, und Rocky und ich wollen durch den Insel Hauptort Kuressaare bummeln. Wollen. Also ich will bummeln. Rocky mag ja keine Orte. Mehrere Sitzblockaden später gebe ich auf. Bleiben wir halt am Marktplatz sitzen, und beobachten das bunte Treiben.
Ein hübsches Örtchen, schöne und ordentliche Häuser, Blumen überall. Einige Touristen sind unterwegs, viele Fahrradfahrer, wenige Motorräder. Die meisten Autos sind durchaus teuer, Porsche Cayenne scheint beliebt zu sein in Estland. Auch hier fällt mir auf, wie nett die Inselbewohner zurecht gemacht sind: Farbenfrohe Kleidung sieht man überall. Das Handarbeitsgeschäft am Marktplatz (mehr sehe ich ja nicht) ist sehr groß, und mit allen erdenklichen Materialien ausgestattet. Das kann ich mir gut vorstellen, hier auf Saaremaa wird nicht billig eingekauft, hier wird selbst gestrickt, genäht, geklöppelt und ausgebessert. Nicht wegwerfen und neu kaufen – ändern und reparieren! Ich mag das.
Wir überfressen uns
Am nächsten Tag geht’s weiter. Entlang der Insel Westküste, vom unteren hängenden Zipfel (ich habe ihn noch anders genannt) und erneut der Suche nach einem freien Stellplatz. Wir passieren ein landestypisches Café in einer alten Holz-Windmühle, am Strand mit vielen Steinmännchen Ist das nicht goldig? Das Café Ohessaare Mall Kivimaa bietet herrlich leckeren Kuchen an, Blaubeer Käsekuchen und Himbeer Käsekuchen. Spontan – und ohne wirklich hungrig zu sein – bleiben wir zu Kaffee und Kuchen dort erstmal sitzen. Die lauschige Atmosphäre hat ihren Preis, 17,50 Euro für 2 Kuchen und 2 Kaffee. Danach sind wir aber pappsatt, es geht nix mehr rein. Oder etwa doch?
Kaum eine Stunde später, und immer noch auf Stellplatz Suche, passieren wir das landestypische Restaurant, das wir im Touristen Büro empfohlen bekamen. Denn Aha! Es gibt sie doch! Lümanda Söögimaja im gleichnamigen Ort ist ein traditionelles estnisches Restaurant! Reichhaltiges frisches Essen, zubereitet aus lokalem Anbau. Wir haben null Hunger nach der Kuchen-Orgie, aber das muss jetzt sein.
Wir kehren ein. Zu den bestellten Kohlrouladen und dem Hering werden vorab Kürbis- und rote Beete Salat serviert, mit hausgemachtem Brot und Butter. Erstaunlich, wieviel man ohne Hunger essen kann. Danach sind wir aber wirklich vollgefres****. Und weil wir beim besten Willen nicht alles aufessen konnten, holen wir einfach die Tupper-Schüsseln aus dem Wohnmobil und packen die Reste ein. Warum nicht, in der Küche würde es nur weg geworfen werden.
Als wir weiter fahren hoffen wir inständig das nicht noch ein landestypisches Restaurant an diesem Tag auftaucht. Rülps.
Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die Weltanschauung der Leute, welche die Welt nicht angeschaut haben.
Alexander von Humboldt
Wir entspannen!
Endlich! Es hat ein wenig gedauert heute, aber wir finden einen freien Stellplatz direkt am Meer, nur für uns. In einer Bucht gelegen, und damit windstill. Einige Stellen am Meer waren sehr windig! Hier bleiben wir 2,5 Tage, und machen …. Nichts! Endlich mal nichts! Halleluja. Endlich mal Urlaub. Lesen. Sonnen. Abends Lagerfeuer und ein Glass Wein. Wir sind verliebt in das Leben und in Saaremaa. René sagt SAaREmaa ist ja quasi Sabine & René, wie süß romantisch mein Mann sein kann.
Nach 2,5 Tagen Erholung beschließen wir abends noch die 100 Kilometer Richtung Fähre aufs Festland zu fahren. Nachts ist mal wieder Regen angesagt, und wir sind nun auch gut erholt. Erholt? Nicht lange. Wir packen, wollen los. René will das Auto starten. Und … nichts… nichts…. Batterie macht nichts mehr. Oh noooooo! Wir brauchen eine Überbrückung, haben aber kein Kabel!
Und wir haben unsere erste Wohnmobil Panne.
Zum Glück stehen wir nicht völlig in der Wildnis, sondern an einer nicht stark befahrenen Straße. Also stelle ich mich auf eben diese und warte auf das nächste Auto. Das kommt auch nach 5 Minuten, und hält an (klar, ich winke wie eine Wilde und stehe mitten auf der Straße). Ein super hilfreicher Deutscher fährt mit René fast zwei Stunden über die Insel, um ein Überbrückungskabel zu kaufen. Es gibt sie doch, die netten deutschen. So überbrückt geht’s Richtung Fähre, und am nächsten morgen im Regen (schon wieder Regen!) aufs Festland zurück.
Im Nachhinein haben wir recherchiert, warum die Batterie leer war. Wir vermuten es liegt am ständigen Handy und Tablet aufladen am Zigarettenanzünder in der Fahrer-Kabine. Tante Erika sagt, in den neuen Wohnmobilen kann man die Fahrer-Kabinen-Anzünder gar nicht mehr benutzen, wenn der Motor nicht läuft. Damit unser Problem gar nicht aufkommen kann. Gefahr erkannt- Gefahr gebannt. René überlegt derzeit nach einer Lösung.
Danke Saaremaa. Danke Muhu. Ihr seid toll! Unbekannte Juwelen. Mit einem bisschen beständigerem Wetter würdet ihr Mallorca den Rang ablaufen.
Nächster Stop ist Tallinn, die Hauptstadt Estlands. Auch dort gibt es ein KGB Museum, das ich natürlich unbedingt besuchen muss. Und an den Peipsi See, den viert größten See Europas, wo wir köstlich speisen. Und ich verliebe mich immer mehr in Estland. Darüber lest ihr im nächsten Beitrag in ein paar Tagen.