Szia! (zia!) Guten Tag Ungarn

Kaiserin Sissi. Ich denke oft an Piroschka. Unaussprechliche lange Ortsnamen mit unglaublich vielen üüü’s und ööö’s. Puszta und Pferde. Und Budapest, das sich aus den Ortsteilen Buda und Pest zusammen gesetzt hat. Denke ich an Ungarn, kommen mir viele Schlagworte in den Sinn. Umso gespannter bin ich, den Binnenstaat mitten in Europa mit 10 Millionen Einwohnern endlich zu besuchen.

Eger – Das Tal der schönen Frau

Unser erster Stop in Ungarn ist die Stadt Eger, und das ‚Tal der schönen Frau“ mit seinen 150 Weinkellern. Den Tipp bekommen wir von Camping Nachbarn in der Tatra, die – aus Thüringen kommend – vor dem Mauerfall als junge Leute übers Wochenende die 1000 Kilometer gefahren sind, um dort zu feiern.

Da wir östlich von Budapest sowieso noch einen Stopp einlegen wollen, kommt uns dieser Tipp gelegen. Wir sagen also ‚do videnia!Tatra und Slowakei und fahren auf einer prima ausgebauten Autobahn zweieinhalb Stunden gen Süden. Auf der Fahrt sehen wir Kilometer über Kilometer Sonnenblumenfelder. Ungarn ist auf dem 4. Platz beim EU Sonnenblumen Anbau, mit 1,7 Millionen Tonnen pro Jahr.

In Vino Kirchensteuer

Um den Ort Eger und die Weinkeller ranken sich putzige Geschichten, zum Beispiel konnte man im 16. Jahrhundert die Kirchensteuer mit Wein bezahlen. Gute Idee, wie wir finden.

Ein wenig erinnert uns das ‚Tal der schönen Frau‘ an die Drosselgasse in Rüdesheim am Rhein. Eine Touristen-Destination. Durchaus charmant. Restaurant neben Souvenirladen, neben Weinkeller. Kunden-freundlich und international. Junge flotte Mädels holen die potentiellen Restaurant-Besucher ins Lokal, die Speisekarte liest sich drei-sprachig: ungarisch, englisch und deutsch.

In Vino plastiko

Wir bestaunen die unterschiedlichsten Weinkeller: Von modern, bis alt. Von Top renoviert, bis noch nie renoviert. Von jungen hippen Betreibern, bis hin zu einem rührenden alten Ehepaar, das seit Jahrzehnten Wein anbaut und im eigenen Weinkeller verkauft.

Literweise schleppen Kunden den Wein aus den Geschäften, und – jetzt kommt es – meistens in 2 bis 3 Liter Plastikflaschen! Weißwein in durchsichtiger Plastikflasche sieht aus wie….. ??? Genau! Wie eine Urinprobe! Glasflaschen gibt es auch, diese sind aber mehr als doppelt so teuer. Also was soll’s, auch wir beenden den Besuch im ‚Tal der schönen Frau‘ mit einer solchen Plastikflasche. Ein Prost. Ein Prost. Ein Prösterchen.

 

Inflation. WürfelHäuser. Gastfreundschaft.
Das Leben in Ungarn ist vielfältig

Bei Freunden mit einem Begrüßungsschnaps Palinka
‚Palinka‘ heißt Willkommen

Dann geht es aber auch schon weiter für uns, wir sind bei Freunden eingeladen, die zwischen Budapest und dem Balaton / Plattensee wohnen. Und dort werden wir erstmal traditionell mit einem Schnaps begrüßt.

Palinka heißt der Willkommens Trunk, der in keinem ungarischen Haushalt fehlt. Kommt man zu Besuch, wird man erstmal mit einem Palinka begrüßt. Ein klarer Schnaps, ähnlich einem Obstler. Dieser wird meist selbst gebraut, und doppelt gebrannt. Jeder Ort hat seine eigene Schnaps-Brennereien, und das ist Tradition.

Kein Supermarkt darf den selbst gebrannten Palinka verkaufen, da er die EU Standards nicht erfüllt. Im Supermarkt findet man Palinka, oft in bunten Farben eingefärbt, und mit allen chemischen Konservierungsmitteln behandelt, die von der EU vorgeschrieben sind. Das Ergebnis: Kopfschmerzen. Trinkt man den selbst gebrannten, frei von Chemie, ist der Kopf am nächsten Tag frei und leicht (naja, kommt natürlich auch auf die Quantität an).

Wie lebt es sich in Ungarn?

Spannend für uns ist es, privat bei Freunden zu stehen. Herauszufinden, wie es sich wirklich in Ungarn lebt. Die unverfälschte Meinung. Und die bekommen wir in den nächsten Tagen. Bereits am ersten Abend gibt es jede Menge Input.

Das Durchschnittliches Monatseinkommen in Ungarn beträgt 1000  Euro. Heizung, Strom, Wasser schlagen mit 150 Euro zu Buche. Gut ausgebildete junge Leute gehen in den Westen, wegen der höheren Gehälter. Zurück im Land bleiben die weniger ausgebildeten. Das heißt aber auch, das die Diebesbanden in den Westen gehen, denn im Land gibt es nicht viel zu holen. Damit ist Ungarn recht sicher, und hat im Vergleich zu westlichen EU Staaten wenig Kriminalität. Bizarre Welt.

Böses Ungarn! Woher kommen die 25% Inflation?

Ungarn hat mit fast 25% die höchste Inflation in Europas. Warum? Weil die EU Zahlungen an das Land im Dezember 22 eingefroren hat, da Ungarn die Sanktionen gegen Russland blockiert, und auch keine Waffen in die Ukraine geliefert hat. Also sagt die EU ‚ Böses Ungarn‘ und stellt die Zahlungen ein. Resultat: eine noch höhere Inflation.

Präsident Orban hat die EU Gelder unter anderem genutzt, um einheimische Produkte zu subventionieren. Zum Beispiel ist ungarische Milch mit einem Fettgehalt von 2,8% wesentlich günstiger als Milch mit einem anderen Fettgehalt. Damit soll (halbwegs) sichergestellt werden, das sich jeder Ungar Grund Nahrungsmittel leisten kann. Weniger EU Gelder = weniger Subventionen.

Mit der hohen Inflation verschärft sich auch die Alters-Armut, alte Menschen können sich Lebensmittel nicht mehr leisten. Häuser werden nicht instand gehalten, es regnet durchs Dach. Ungarn ist nicht billig. Supermarkt Einkäufe, Restaurant Besuche und auch der Imbiss-Wagen am Straßenrand sind auf dem Preis-Niveau von unserer Wahlheimat Süd-Spanien.

Das Comeback des Würfel-Hauses
Wir parken im Garten des Würfel-Hauses bei Freunden

Eigenheim Kauf-Preise richten sich nach der Gegend. Hauptstadt Budapest ist natürlich am teuersten. Autobahn Nähe auch. Unsere Bekannten wohnen auf dem Land, zwischen Budapest und Balaton, in einem sogenannten Kádár-Würfel Haus. In einem was? Also:

Kádár-Würfel Häuser sind ein prägendes Merkmal der ungarischen Landschaft. Etwa 800.000 dieser quadratischen Häuser mit zeltartigen Dächern gibt es im ganzen Land, meist in kleinen Dörfern. Sie wurden zwischen 1960 und 1980 erbaut. Heute sind viele dieser Würfel-Häuser in einem schlechten Zustand, da ihre älteren Bewohner (oft dieselben Leute, die die Häuser ursprünglich gebaut haben) nicht mehr in der Lage sind, sie zu renovieren – siehe oben, Inflation. Viele Würfel Häuser stehen auch leer und verfallen.

Ungarisches Landleben auf dem Dorf

Doch was lange Out war, wird bekanntlich irgendwann wieder In. Lange waren die Kádár-Würfel out, jetzt werden viele von jungen Leuten wiederbelebt. Immer häufiger tauchen Bilder von bunten Kádár-Würfeln im Internet, auf den Websites von Kunstmagazinen und auf trendigen Social-Media-Seiten auf. Auch unsere Freunde haben ein solches Würfel Haus vor einem Jahr gekauft und sich kräftig am renovieren!

Gulaschkommunismus

Der Hintergrund : Die Häuser wurden nach dem Generalsekretär der Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei zur Zeit ihres Baus benannt: dem prosowjetischen János Kádár, der bis 1988 an der Macht blieb. Kádár erklärte, Ungarn sei in eine neue Ära relativer Freiheit (zumindest im Vergleich zu den Nachbarländern DDR oder Rumänien), kultureller Freiheit und vergleichsweise hohem Lebensstandards eingetreten, was dem Land den Ruf als „glücklichste Kaserne“ des Sowjetblocks eingebracht habe. Diese drei Jahrzehnte wurden „Gulaschkommunismus“ genannt (nach Ungarns nationaler, traditioneller Fleischsuppe), weil sie den Bürgern ein gewisses Maß an Wohlstand und Nahrung bescherten. Das Land veränderte sich und ein Teil dieser Entwicklung war der Bau neuer Häuser: Hochhäuser in Städten und Kádár-Würfel in ländlichen Gebieten.

Mein Würfel Haus, mein Garten. Alle bauen selbst Obst und Gemüse im Garten an. Bio ist wichtig, das gespritzte Zeug aus dem Supermarkt ist verpönt.

Haustiere? Nein, Hoftiere

Jeder Haushalt auf dem Land hat einen Hund. Mindestens einen. Jedoch wird dieser leider nicht als knuddelndes Haustier gehalten, sondern im Garten. Manchmal an der Kette, manchmal ohne Kette. Wir sprechen über die Situation und es ist ähnlich wie in unserer Wahlheimat Süd-Spanien: die alten Ungarn haben keinen Bezug zu Tieren. Die Hunde sind einfach da. Sie werden mit dem nötigsten Futter vorsorgt, aber weder zum Tierarzt gebracht, noch im Haus gehalten. Warum hat man dann einen Hund?

Anders ist es mit Katzen, die haben immerhin einen Job. Nämlich Mäuse fangen. Besonders auf dem Land, eine wichtige Aufgabe.

Mir tun die Hunde leid. Sehr leid. Ich kann es kaum ertragen, beim Spaziergang ihre treuen Augen zu sehen, bereits am zweiten Tag – ohne mich zu kennen – lassen sie sich durch den Zaun streicheln, und sind dankbar für jegliche Aufmerksamkeit und nette Worte. Mir reißt es fast das Herz raus. Hunde sind Rudel Tiere, und gehören – wenn auch nicht unbedingt ins Bett – so doch zur Familie, also zu ihrem Rudel. Ich hoffe inständig, das sich das in Ungarn, bzw. Süd- Ost-Europa ändert.

Reist virtuell mit uns

Teil 2 unserer Ungarn Reportage kommt in ein paar Tagen. Dann erkunden wir den Balaton, und Budapest. Und unsere Bekannten haben noch viel mehr erzählt, seid gespannt. Abonniert unseren Newsletter, und ihr werdet automatisch über neue Berichte per email informiert.

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Sabine von Reth
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