City of Life. City of Hope.

30 Jahre nach dem Jugoslawien Krieg (1992 – 1995) reisen wir nach Sarajevo, der Hauptstadt Bosnien Herzegowinas. In meiner Erinnerung steht ‘Sarajevo’ für einen der Haupt-Kriegsschauplätze, was sich bei unserem Aufenthalt bewahrheiten soll.

1425 Tage Belagerung

Die längste Belagerung einer Stadt im 20. Jahrhundert. 1425 Tage, das sind fast 4 Jahre. Von der Außenwelt abgeschnitten. Viele der 200.000 verbleibenden Menschen in der Stadt verhungerten. 5. April 1992 – 29.2.1996. In der Zeit gab es kein Wasser, keinen Strom, keine Lebensmittel. Die Bevölkerung organisierte Hilfspakete aus dem Land, die über das Flughafen-Gelände in die Stadt gebracht wurden.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Belagerung_von_Sarajevo


Wie ist Sarajevo heute?

Wir erleben eine fröhliche, offene und vibrierende Stadt mit vielen Touristen. Sarajevo ist in etwa so groß wie Stuttgart, und hat heute 400.000 Einwohner. “Sarajevo ist sehr liberal, das ist nicht in allen Gegenden von Bosnien und Herzegowina so”, das sagt uns unser Tourguide Admir, der uns einen halben Tag durch die Stadt begleitet. Auf den Spuren des Jugoslawien Krieges haben wir die ‘Kriegs Tour’ gebucht und es wird ein sehr lehrreicher Tag werden.

Snajper Ally

Unser erster Stop ist auf dem jüdischen Friedhof, erbaut im 16. Jahrhundert. ‘Was wir denn hier wollen’, fragen wir uns. Die Erklärung kommt sofort: ein bisschen erhöht, erkennt man gut die umliegenden Berge. “Wer die Berge kontrolliert, kontrolliert die Stadt”, beginnt Admir zu erläutern. “Unter dem Friedhof liegt die Snaiper Ally, die Straße, die Altstadt und die südlichen Bezirken Sarajevos verbindet. Die serbischen Truppen in den Bergen hatten einen guten Blick auf die Verbindungsstraße und konnten gezielt Menschen abschiessen. Die meisten Menschen im Krieg sind auf der Snaiper Ally gestorben”. Nach diesem Start ist uns schon ganz komisch. Und es wir noch schlimmer.

 

Sarajevo Safari

Das ist so krank, das mir schlecht wird: die sogenannte Sarajevo Safari beschriebt, wie US Amerikaner, Russen und Italiener sehr viel Geld bezahlen, um als Sniper (Scharfschützen) die Bosnier abzuschießen. Also ‘Manhunt’. Es gibt YouTube Videos darüber.

Wer macht so etwas???

Wer hat den Krieg angefangen?

Wir fragen Admir, wer den Krieg angefangen hat. Seine Antwort ist kompliziert: “Es kommt darauf an, wen man fragt”, sagt er. “Tito hat bis zu seinem Tot 1980 Jugoslawien zusammen gehalten. Nach seinem Tot drifteten die Länder auseinander, jeder wollte sein eigenes Süppchen kochen. Man muss bedenken: Bosnien und Mazedonier zum Beispiel haben wenig gemeinsam, genauso wenig wie beispielsweise Italien und Schweden”.

“Die Länder sind sehr patriotisch, und sehr religiös. Es gibt alle 5 Religionen im Land, die nicht überall friedlich nebeneinander leben. Die Situation ist vergleichbar mit Nord Irland”.

Im Endeffekt sagt Admir, das es keine wirkliche Antwort auf die Frage gibt ‘wer hat angefangen’. Die NATO war involviert, die UN Blauhelme waren vor Ort. Die UN heißt heute noch im Volksmund ‘United Nothing’, sie waren nicht sonderlich hilfreich.

Der Tunnel

Unsere Tour geht weiter, hinaus zum Flughafen. Zum Tunnel. Tunnel? Der Versorgungstunnel, der die Stadt bei der langen Belagerung am Leben erhielt. Vor dem Tunnelbau wurden die Menschen im Tal gezielt von den in den Bergen stationierten Serben abgeschossen.

Hintergrund: Im Juli 1992 übernahmen die Vereinten Nationen (UNPROFOR) die Kontrolle über den Flughafen als UN-Schutzzone. Es wurde ein Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und den Serben geschlossen, dass der Flughafen nur für Zwecke der Vereinten Nationen genutzt werden durfte. So ging ein strategisch wichtiger Punkt für die Einwohner verloren, da sich der Flughafen zwischen der Stadt und unbesetztem Gebiet befand. Sarajevo verlor den einzigen Versorgungsweg, da serbische Scharfschützen ein Überqueren der Start- und Landebahn unmöglich machten.

Das Militär entschloss sich einen Versorgungstunnel zu bauen. Innerhalb von 4 Monaten war der Tunnel fertig, gebaut unter schlimmsten Bedingungen von der Bevölkerung 50+, da die jungen Leute im Krieg waren. Es gibt 2 YouTube Dokumentation auf deutsch über den Tunnel.

Teil 1 https://youtu.be/jOgMXmjpVdg?si=8m-e8b_22PyNxWo3

Teil 2 https://youtu.be/Cf-0REBQed8?si=O-XhrS0rZ4PTDSX8

Zum lesen hat, Wikipedia die Geschichte.

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Tunnel Museum

Wir besichtigen das Gelände, und Admir erklärt unermüdlich. Der Tunnel begann / endete auf Stadtseite eines Wohnhauses. Heute ist das Haus ein Museum, die Familie wohnt nebenan. Ein Teil Replica des Tunnels kann heute besichtigt werden, der original Tunnel ist für Touristen gesperrt, weil zu gefährlich.

Es lebe der Kommunismus

Die Generationen heute unterscheiden sich deutlich, sagt Admir. Die ältere Generation 50+ – im Kommunismus aufgewachsen und erzogen – trauern der alten Zeit hinterher: sie hatten Arbeit, Gesundheitsversorgung, Schulen, ein Dach über dem Kopf. Es gab zwar weder arm, noch reich. Aber es gab Sicherheit, und ein geregeltes Leben.

Denn bis 1945 gab es kaum Schulen, die ganz alte Generation kann nicht lesen und schreiben. Damals gab es nur Landwirtschaft, Ehe, Kinder. Mit dem Kommunismus kam dann zwar Bildung, aber viel Propaganda: die Menschen wurden gedrillt, dem Staat zuzuhören und zu folgen. Admir sagt, bis heute glaubt die alte Generation dem Staatsfernsehen und der Regierung. “Wenn der Präsident das sagt, ist das richtig”. Man kann darüber nicht diskutieren. Das heißt leider auch, das man mit der alten Generation nichts voranbringen kann – ihnen fehlt das mindset Dinge zu hinterfragen.

Also wie ist denn nun Bosnien heute?

Sarajevo ist liberal und entspannt. Fast alle Bosnier haben Verwandte in Deutschland, Admir’s Cousine lebt in Stuttgart und arbeitet als Krankenschwester. Er selbst lernt deutsch indem er Netflix Serien und Nachrichten schaut. Bosnien hat viele deutsche Wörter: Baustelle. Landwirtschaft. Wobei Büro anders ausgesprochen wird, und Arbeitsamt bedeutet.

Wo man früher in der Innenstadt wohnte, verzieht man sich heute in die Berge um Sarajevo- wenn man es sich leisten kann. Der Blick auf die im Tal liegende Stadt ist atemberaubend.

City of life. City of hope.
Sarajevo ist toll.

Die Route nach Mostar

Entlang einer Schlucht und eines Flusses geht es 100 Kilometer weiter nach Mostar, DER bekanntesten Touristen Hochburg in Bosnien. Die Strecke ist toll, und auch Mostar gefällt uns gut. Unser Stellplatz mit Blick auf die weltberühmte Brücke liegt direkt an der Altstadt, und wir genießen die entspannte Atmosphäre Mostars.

Unser Fazit Bosnien Herzegowina

Uns hat das Land völlig unerwartet gut gefallen. Sarajevo ist unbedingt eine Reise wert. Die Generation unter 50 spricht fließend englisch oder auch deutsch. Ähnlich wie Serbien ist Bosnien touristisch unerschlossen, und hat ein irres Potential. Daumen hoch für das Land, uns hat es sehr gut gefallen und wir wollen wieder kommen.

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Sabine von Reth
Rene von Reth

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